50 Jahre Monterey Pop Festival

Meine eigene Bemerkung am Ende des Artikels über die „Classic Album Sundays“ („Die Grundidee des Ganzen ist jedoch außerordentlich faszinierend, und man wünscht sich so etwas durchaus auch in kleinen, privaten Zirkeln …“) hatte ich mangels Erfolg bereits so gut wie vergessen, da kam dann doch noch eine vergleichbare Gelegenheit, sprich Einladung ins Haus geflattert. Im Zentrum des avisierten Grill-Bier-Movie-Events für „Insider und Musik-Freaks“ stand die Aufführung des Films „Monterey Pop“ in der luxuriösen Edition der Criterion Collection ↑ auf einer Großbild-Leinwand.

Das nun bereits 50 Jahre zurückliegende Monterey Pop Festival fand vom 16. bis zum 18. Juni 1967 auf dem Monterey County Fairground in Kalifornien statt. Es ist nicht nur das erste „richtige“ Rockfestival der Geschichte, sondern möglicherweise auch bis heute das wichtigste. Warum das so ist, erläuterte der Gastgeber in seiner Einladung auf wunderbare Weise mit einem Rückgriff auf einen (besonders hellsichtigen) Artikel in der FAZ („Monterey Pop Festival. Sie waren jung und brauchten kein Geld„, 14.06.2017, von Berthold Seliger) ↑, der so zutreffend ist, das er hier einmal ausführlicher zitiert werden soll.

„Zur Erinnerung: Knappe 200 Kilometer südlich von San Francisco fand vom 16. bis 18. Juni 1967 im kalifornischen Monterey das erste große Festival der Pop-Geschichte, das ‚Monterey Pop Festival‘ statt. Anders als das berühmtere Woodstock-Festival vom August 1969 ist Monterey als Ursprungsereignis der Hippiekultur heute fast nur noch Insidern bekannt. Monterey war möglicherweise das Popmusikfestival mit der großartigsten Besetzung aller Zeiten: Jimi Hendrix, The Who, The Grateful Dead, Janis Joplin, The Mamas & Papas, Simon & Garfunkel, The Byrds, Jefferson Airplane, Booker T., Buffalo Springfield, Eric Burdon & The Animals und auch Otis Redding gehören zu den vielen Musikern, die erst durch Monterey zu Stars wurden.

Das besondere an Monterey war, dass das Festival von den Künstlern selbst aus der Taufe gehoben und in weiten Teilen auch organisiert wurde. In weniger als zwei Monaten stellten John Phillips (von The Mamas & Papas), der Produzent Lou Adler (auf dessen Dunhill Label ‚California Dreaming‘ und ‚Monday Monday‘ von den Mamas & Papas“ herauskamen), Derek Taylor (der u.a. die Pressearbeit für die Beatles machte), der Konzertveranstalter Bill Graham und David Crosby das Konzert auf die Beine. Robert Moog hatte einen Infostand, an dem er seine gerade entwickelten Synthesizer vorstellte, die von vielen Musikern vom Fleck weg gekauft wurden. Der Zutritt aufs Gelände kostete gerade mal 1 Dollar, der Eintritt zur Konzertarena zwischen 3,00 und 6,50 Dollar. Alle auftretenden Musiker und Bands erhielten die gleiche Spielzeit von 40 Minuten. Alle traten ohne Gage auf und die Gewinne aus den Eintrittsgeldern und den Filmerlösen in Höhe von rund 250.000 Dollar kamen Solidaritätsprojekten und dem Gitarrenunterricht von Gettokindern zugute. Absperrungen und Sicherheitskräfte gab es nicht.

In Monterey stellten sich einige der wichtigsten Musiker ihrer Zeit auf die Bühne und zeigten selbstbewusst, was sie zur Erweiterung und Erneuerung der Kultur ihrer Zeit beizutragen hatten. Dass dies gut beim Publikum ankam, kann man in meinem Film von D.A. Pennebaker betrachten: Nicht nur die Auftritte der meisten Gruppen zeichnen sich durch eine einzigartige Konzentriertheit und Ernsthaftigkeit aus, sondern auch die Intensität des Zuhörens wirkt heute seltsam weit entfernt, wenn man sich vergleichsweise die gängigen Großfestivals unserer Tage anschaut, auf denen mitgegrölt und mitgeklatscht wird und die Festivalbesucher auf ihre Smartphones konzentriert sind, um Konzertausschnitte zu filmen oder Selfies zu schießen.

Der Blues spielt in Monterey eine besondere Rolle, etwa bei den Auftritten von Canned Heat und Eric Burdon (dessen Version von ‚Paint it Black‘ nicht nur ein Statement, sondern ein weiterer Höhepunkt des Festivals war), Al Kooper, Janis Joplin und Jimi Hendrix. Auch bei Otis Redding oder Booker T. hört man Rhythm & Blues neben Soul. Die Musiker waren so jung wie ihr Publikum. In dem Film sehen wir eine Menge Milchgesichter auf der Bühne und davor. Die Protagonisten von Monterey waren 1967 fast ausnahmslos zwischen 20 und 27 Jahre alt. Die wie englische Dandys angezogenen Bandmitglieder von The Who (Pete Townshend, Roger Daltrey, John Entwistle und Keith Moon) waren damals 20, 22 und 23 Jahre alt. Und in diesem Alter ging es ihnen allein um Zerstörung, um Verweigerung und um eine Kriegserklärung an eine Gesellschaft, die sie ablehnten. The Who verließen die Bühne bereits nach 25 Minuten und nach der Zerstörung ihres Equipments.

Auf der Criterion-Bluray kann man den kompletten Auftritt von Jimi Hendrix bestaunen, der mit scharlachroter Hose, mit ebensolcher Boa und einem rosa Jackett über einer schwarzen Weste und einem weißen Rüschenhemd, die Haare nur mit einem Apachen-Stirnband versehen, durch seinen Auftritt watet. Mit der Gitarre betreibt er alle möglichen Versionen von Sex, spielt sie mit den Zähnen und lockt ungeahnte Töne aus ihr hervor, bevor er das Instrument anzündet und es den ewigen Jagdgründen übergibt. Mit einem Lachen sagt er selbst nach seiner Show: ‚I think this has gone about as far as it can go.‘

Die Hippie- und Popkultur erlebte in dem Ursprungsmythos von Monterey auch schon ihren Höhepunkt. Der glückliche Moment von Freiheit und Gleichheit, des Ausprobierens, des Subjektwerdens einer ganzen Generation dauerte wenig länger als einen Sommer. Bald übernahm die Kulturindustrie das Geschehen und machte aus Festivals ein Geschäft, wie wir es heute kennen und dessen wir so überdrüssig sind. ‚Hope I die before I get old‘, singen The Who in ‚My Generation‘, das die Band auch in Monterey aufführte und das die traurige Seite der Popkultur der sechziger Jahre spiegelt. Denn viel zu viele großartige Musiker erlebten ihren dreißigsten Geburtstag bekanntlich nicht mehr.“

Viel mehr als das „Woodstock“- oder auch das „Isle of Wight“-Festival kann das „Monterey Pop Festival“ heute noch als eine Art „Blaupause“ für Festivals jenseits der großen Mainstream-Events dienen. Der „Geist von Monterey“ lebt z.B. weiter in Roskilde ↑, Haldern ↑, Luhmühlen ↑ oder Lärz ↑ …

Country Joe and the Fish traten am Samstag, 17. Juni 1967, auf dem Monterey Pop Festival auf. Ein Tipp von Gisbert Wegener …

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Und natürlich: Eric Burdon & The Animals mit dem Festival-Song „Monterey“

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Wilfried

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