Interview Frank Bornemann

1. Dieses Interview ist für die Internetseite zur Ausstellung „Break on through to the other side“ im Schlossmuseum Jever bestimmt. Die Ausstellung thematisiert die alternativen Diskotheken des Weser-Ems-Gebietes wie z. B. Meta Norddeich, Tiffany Oldenburg, Scala Lastrup usw. Laut den Tagebuchaufzeichnungen von Wolfgang Schönenberg, dem ehemaligen Betreiber der Scala in Lastrup (zwischen Cloppenburg und Löningen gelegen) ist Eloy dort am 13.02.1974 aufgetreten. Deshalb ergibt sich die erste Frage fast zwangsläufig. Kannst Du Dich noch an dieses Konzert oder an andere erinnern, die Eloy in den frühen Siebzigerjahren im Weser-Ems-Gebiet gegeben hat? Gibt es noch einen alten Tourplan / Tourpläne?

Eloy in der Scala am 13.02.1974Eloy in der Scala am 13.02.1974, Foto: Hildegard Schönenberg

Frank Bornemann: Leider habe ich angesichts der Vielzahl der Konzerte, die wir im Laufe der Zeit gegeben haben, keine wirklich detaillierten Erinnerungen mehr an die 74-ziger Shows in einem bestimmten Gebiet. Es ist doch verdammt lange her.

Das Logo der Diskothek Scala (nachgezeichnet)

2. Das Stück Future City von Eurer LP „Inside“ war ein großer Hit in den ehemaligen alternativen Clubs von Weser-Ems. In der Scala in Lastrup lief das Stück eine Zeit lang jeden Abend als ein Höhepunkt des Programms. Auch auf den letzten beiden DJ Nächten des Schlossmuseums Jever wurde es stark nachgefragt. Wie ist das Stück entstanden und welche zentrale Idee steckte dahinter?

Frank Bornemann: Es war ein Stück von unserem erstes Album im neuen Line up, und wir hatten noch keinen neuen Plattenvertrag, als wir mit den Aufnahmen zu INSIDE in Hamburg anfingen. Auch war ich zum ersten Mal Sänger der Band und wir nahmen gleich zwei Tracks Vocals für den Song auf, um auswählen zu können. Dabei stellten wir fest, dass wir zufällig einen perfekten Doubletrack aufgenommen hatten, denn ich hatte beim zweiten Take die erste Aufnahme nicht auf dem Headphone. Der Sound war verblüffend und ich war sehr happy mit meinem Einstand. Unsere Texte setzten sich von Anfang an mit dem Zeitgeschehen auseinander und drückten die Stimmung aus, die wir im Zeitgeist der 70-ziger Jahre empfanden.

3. Habt Ihr bei den Aufnahmen damit gerechnet, dass dieses Stück ein Underground-Hit wird?

Frank Bornemann: Wir haben gar nicht wirklich bemerkt, dass der Song in Deutschland besondere Beachtung fand. Als die Nummer allerdings in den Top Ten der amerikanischen Radiocharts auftauchte, waren wir dann schon überrascht.

4. Das Intro zu Future City und der treibende Mittelteil hören sich auch heute noch phänomenal gut an. Habt Ihr im Studio lange an dem Sound getüftelt? Wie habt Ihr den tollen Sound hinbekommen?

Frank Bornemann: Wir hatten überhaupt nicht getüftelt, sondern den Song so gespielt, wie wir ihn schon seit einiger Zeit auch auf der Bühne präsentiert hatten. Vielleicht kommt er deshalb so rund rüber.

5. Welche Bands aus den Endsechzigern / frühen Siebzigern haben Dich und Eloy am meisten begeistert / beeinflusst?

Frank Bornemann: In den Endsechzigern und frühen Siebzigern wurde wirklich die Rockmusik revolutioniert und es entstand eine ungeheure Kreativität, die sich sehr vielfältig ausdrückte. Damals war es den Bands noch möglich, sich frei zu entfalten und langfristig zu entwickeln. Es entstand so viel neue Musik und es kamen so viel interessante Sounds und Ausdrucksformen auf, mit denen sich die Bands gegenseitig inspirierten, dass schließlich am Ende keiner so recht wusste, wer eigentlich wen und womit beinflusst hat. Mir gefielen viele Bands, vorwiegend aus England, wie z.B. Pink Floyd, Jethro Tull, Genesis etc.,  dennoch galt es eine eigene Identität zu finden, was uns dann ja auch gelungen ist.

6. Ich kann mich daran erinnern, dass ich damals auf WDR II in der Sendung „In Between“ von Winfried Trenkler ein Feature über Eloy gehört habe. War es damals eigentlich leicht, mit progressiver Musik in die entsprechenden Sender zu gelangen (im Vergleich zu heute z. B. mit Eurer neuen CD „Visionary“)?

Frank Bornemann: Generell gab es früher mehr Radiosendungen, in denen Rockmusik stattfand, und auch die, welche später das Etikett Progressiverock bekam.  Zu großen Rotationen aber reichte es für dieses Genre zu keiner Zeit. VISIONARY findet aber erstaunlicherweise sehr viel Beachtung, was mich nach vielen Jahren völliger Funkstille sehr überrascht.

7. Die Endsechziger / Anfang Siebziger Jahre waren auch die Zeiten der Anti-Vietnam-Demos und später der RAF. John Lennon hatte zwar in seinem berühmten Amsterdamer „Bed in“ im Hilton Hotel dazu aufgerufen, aus Protest im Bett zu bleiben und sich die Haare lang wachsen zu lassen (und damit ein „Friedenszeichen“ zu setzen),  doch die breite Bevölkerung setzte lange Haare mit Revoluzzertum und Kommunismus gleich. Die alternativen Clubs und Diskotheken waren aus meiner Sicht früher eher Zufluchtsorte für kritische Jugendliche und leidenschaftliche Musikliebhaber, als für gewaltbereite Revoluzzer. Habt Ihr damals auch wegen Eurer langen Haare oder Eurer Musik solche Ressentiments erfahren?

Frank Bornemann: Mit langen Haaren war man damals immer ein wenig auffällig, wurde oft als Außenseiter betrachtet und spürte auch in der Gesellschaft gelegentliche Ablehnung. Konservativen Gemütern war man suspekt. Es hat uns aber nicht gekümmert, denn wir hatten nur unsere Musik im Kopf und hatten vom Leben ohnehin eine andere Vorstellung, als die Generation, die damals den gesellschaftlichen Ton angab.

8. Gibt es noch etwas, was Du unseren Lesern mit auf den Weg geben möchtest? Hast Du noch irgendein altes Foto oder Accessoire in Deinem Archiv, das mit den Musikclubs in Weser-Ems in Verbindung steht? Tourplakat, Eintrittskarte, Konzertanzeige.

Frank Bornemann: Leider kann ich mit solchen Dingen nicht dienen. Ich konnte ja auch nicht ahnen, dass ich sie evtl. über 30 Jahre später mal brauchen würde. Ich freue mich aber sehr darüber, dass man ELOY auch nach so langer Zeit noch bei Euch wahrnimmt und würde mich noch mehr freuen, wenn Ihr auch Gefallen an späteren Werken, insbesondere dem aktuellen Album finden würdet. In diesem Sinne … allerbeste Grüße an alle Freunde im Weser-Ems-Gebiet – Frank Bornemann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Logo der Electric Musikland Party

Musik von Eloy und andere Underground-Sounds der 70er Jahre aus den Weser-Ems-Diskotheken sind am 17.5. und 14.6.2010 in zwei Specials der Sendereihe „Rock-Art“ auf der Ems-Vechte-Welle (auch im Internet als Live-Stream) zu hören (www.ems-vechte-welle.de). Die Sendung „Rock Art“ läuft an den erwähnten Tagen jeweils von 21.00 – 0.00 Uhr, wobei die Alternativen-Weser-Ems-Disko-Specials jeweils um 22.00 Uhr beginnen. In der Sendung „Rock Art“ am 19.4.2010 wird in der ersten Stunde von 21.00 – 22.00 Uhr ebenfalls Musik aus der Zeit gespielt.

Progressive Underground-Sounds der 70er Jahre sind darüber hinaus zu hören auf der dritten Electric Musikland Party am 29.5.2010 im Theatersaal der Compagnia Buffo in Restrup (Nördlicher Landkreis Osnabrück) (www.kulturverein-lift.de).

Das Interview führte Gisbert Wegener, Mit-Autor des Kataloges „Break on through to the other side“, Anfang Januar 2010. Weitere Informationen bei gisbert.wegener@t-online.de.

2 Gedanken zu „Interview Frank Bornemann“

    • Liebe Heike,

      wir haben uns deine Anregung zu Herzen genommen und im neuen Betrag über die Kultdisko-Specials der Ems-Vechte-Welle ein wunderbares Video von Eloy eingebunden. Viel Spass damit und Danke für’s Feedback. 🙂

      Gruss, Wilfried

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