Die Sonderausstellung im Schlossmuseum Jever „Der Tod. Sepulkralkultur in Friesland vom Mittelalter bis zur Neuzeit“ scheint auf den ersten Blick nichts mit dem Thema „Rockmusik“ zu tun zu haben. Doch dann, mit dem zweiten Gedanken, kommt einem z.B. der so genannte „Club 27“ in den Sinn, in dem sich legendäre Größen der Rockmusik versammelt haben, die – und dies ist einmal kein Klischee der Rockmusik – allesamt im Alter von 27 Jahren verstorben sind: Robert Johnson, Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain, Amy Whitehouse u.v.m – nach unterschiedlichen „Zählweisen“ hat der „Club 27“ derzeit bis zu 32 Mitglieder …
Man hat festgestellt ↑, dass Rockmusiker – statistisch gesehen – entweder mit 27 an ihren „Berufskrankheiten“ sterben oder sich von ihren zumeist tödlichen Gewohnheiten verabschieden und dann eine „Überlebenschance“ haben. Keith Richard ist da eher die Ausnahme von der Regel …
Über den „Club 27“ existieren eine Reihe von teils recht makabren Erklärungsversuchen ↑. Bei näherem Hinsehen wird jedoch zunehmend deutlich, dass das Thema „Tod und Sterben“ in der Rockmusik eine äusserst gewichtige, vielleicht sogar existenzielle Bedeutung hat, sozusagen der dunkle Schatten der Glitzerwelt des Rock ist.
2011 haben sich diverse Wissenschaftler mit den Ausdünstungen des Todes in der Rockmusik befasst und eine Ausstellung erarbeitet, die unter dem Titel „The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore – Tod und Sterben in der Rockmusik“ im Rock’n’Pop-Museum in Gronau und im Museum für Sepulkralkultur ↑ in Kassel zu sehen war. Die Ausstellungen sind beendet, aber der facettenreiche und lesenswerte Begleitband ist nach wie vor beim Telos-Verlag erhältlich ↑.
Ebenfalls empfehlenswert ist das Buch „Dying Stars. Kiffen, Koksen, Saufen, Rocken, Sterben. 37 packende Reportagen“, das bei „Soulbooks.de“ ↑ erschienen ist und das Thema aus „christlicher“ Sicht angeht: „Dieses Buch ist ein Buch über Tote und das Leben das sie geführt haben. Sex, Drogen und krasser Sound sind nichts Anstößiges mehr, sondern zum Lebensstil mutiert. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass diese Lebensweise radikal zerstört.“ Das Buch kostet nur 1,50 Euro und ist trotz (oder gerade wegen) der für manche(n) sicher ungewöhnlichen Sichtweise durchaus lesenswert.
In zahlreichen Songs und auf Plakaten sowie CD- und Plattencovern läßt sich der Eintritt und die Entwicklung des Todesmotivs in der Rockmusik nachvollziehen und dokumentieren. Bei Bands wie den Doors, Aphrodite’s Child oder den Pretty Things waren Todesthemen noch eher mythisch verbrämt und von fast romantisch anmutenden Todessehnsüchten begleitet. Spätestens durch den Punkrock und dessen oft mit drastischen Bildern gespickten Covern wurde dann der Tod „entmystifiziert“ und aufgezeigt, dass Gewalt und Hass seine bis dato verdrängten Geschwister sind. Bei den späteren Death-Metal-Bands ist das Todesthema dann zur bloßen Provokation zerronnen.
Ein besonders „gelungenes“, weil treffendes Beispiel ist das Cover des 1983er Debütalbums „The Last Supper“ der Anfang der 1980er Jahre im britischen Punk-Underground rumorenden und bis heute aktiven Band „The Bollock Brothers“. Auf die Figuren in Leonardo da Vincis Abendmahl-Gemälde wurden „Passfotos“ gestorbener Rockstars aufgepinnt – postmoderner „Totenkult“ in Reinform.
Wilfried