Status Quo Beat-Club Session 1970

Das war’s dann wohl. „Last Night of the Electrics“ lautet das Motto der Tourneesaison 2016, mit der sich Status Quo von den Live-Shows mit E-Gitarren verabschieden woll(t)en. Das fortschreitende Alter der Bandmitglieder machte die energiegeladenen Live-Konzerte zunehmend schwieriger, zumal sich mit den akustischen Sets bereits eine Alternative aufgetan hatte. Und dann erlitt der Rhythmus-Gitarrist Rick Parfitt im Sommer einen weiteren (diesmal folgenschweren) Herzinfarkt, der ihm den Weg auf die Bühne möglicherweise für immer versperrt. Die Tournee wird mit Ersatzleuten fortgesetzt, aber das Ende ist nah.

Das es diese Band überhaupt so lange gegeben hat bzw. gibt, liegt vor allem an denjenigen der zahlreichen Fans, die weniger die Charts-Erfolge schätz(t)en, sondern die einzigartigen Live-Konzerte, das charitative Engagement und das stets unprätentiöse Verhalten der Bandmitglieder über die Jahre hinweg.

Nun ist, am Ende einer beispielhaften Karriere, ein Dokument aus den Anfangstagen der Boogie-Rocker erschienen, das zumindest die Quo-Fans noch einmal elektrisieren wird. Die Band hatte Ende der 1960er Jahre mit psychedelischen Pop-Titeln wie etwa „Pictures Of Matchstick Men“ bereits einigen Erfolg erzielt, war aber das Gängelband der Plattenlabels bald leid. Songs wie Steamhammer’s „Junior’s Wailing“ und auch der „Roadhouse Blues“ der Doors hatten die Musiker elektrisiert und inspiriert. Die daraus resultierende LP „Ma Kelly’s Greasy Spoon“ bestand aber zunächst noch überwiegend aus bluesigem Pub-Rock, der die alten Fans nicht so recht überzeugen wollte.

Im Sommer 1970 präsentierte sich die Band dann (unter dem Motto „Doin‘ Their Thing“) mit den ersten Entwürfen ihres späteren Boogie-Rocks im britischen TV. Kurz danach verließ der mit der musikalischen Neuausrichtung zunehmend unzufriedene Keyboarder Roy Lynes die Band. Die übrigen Band-Mitglieder schlossen sich menschlich noch enger zusammen, die Arrangements ihrer Songs wurden nun umgeschrieben, es dominierte fortan das Powerplay von Gitarren, Bass und Drums, garniert mit ein paar Blues-Harmonien aus der Mundharmonika. Der Auftritt im Beat-Club, von dem wie stets nur einige Songs im Fernsehen gezeigt wurden – und dessen restaurierte Fassung derzeit auf Youtube sicht- und hörbar ist – offenbart einen gehärteten bluesbasierten Rock’n’Roll, mit dem die Band bald darauf auf eine immerwährende Tournee gehen und gegen alle Widerstände der Musikindustrie und der Musikjournalisten mit den wildesten Auftritten der Zeit einen Fan nach dem anderen sammeln sollte.

Der Auftritt im britischen „Grenada-TV“ wie auch der im deutschen „Beat-Club“ zeigt die Band mit einem neuen, kraftvollen Sound-Gewand, der in den folgenden Jahren bedingt durch immer größere Lautsprecher-Wände in immer größeren Hallen zunächst verloren gehen sollte. Erst in den 00er-Jahren fanden Status Quo mit neuer Technik zu ihrem durchaus nuancenreichen, klaren Live-Sound der frühen Tage zurück.

Das Studio-Live-Konzert in Bremen enthält auch – für viele Quo-Fans der ersten Stunde ein Grund zur Ekstase – eine 28-minütige Version von „Is It Really Me? Gotta Go Home“, die es sonst nur noch auf einem klapprigen Bootleg vom 1971er „Weeley Festival of Progressive Pop“ gibt. Dieses – komplett durchgespielte und keineswegs durch diverse Solos gedehnte – Stück zeigt auf, wie die Band sich und ihre Fans in einen trancigen Rock-Rausch hineinspielen konnte, der seinesgleichen suchte.

Quo-Fans machen jetzt die Fenster zu, drehen die Lautstärkeregler hoch und erleben noch einmal diesen ultimativen Energieschub, der von guter Musik ausgehen konnte und ausgeht. Alle anderen können ja den nächsten Artikel lesen … 🙂

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Wilfried

2 Gedanken zu „Status Quo Beat-Club Session 1970“

  1. Heinz-Werner hat recht:

    Danke an Wilfried für die vielen musikalischen Überraschungen, die er immer wieder ausgräbt und seinen exzellenten Artikeln hinzufügt!

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