John Cale

Im Juli 2011 hielt sich John Cale nach 4-jähriger Abstinenz wieder einmal für zwei Konzerte in Deutschland auf. Der mittlerweile fast 70-jährige Cale – einst 1965 zusammen mit Lou Reed Mitbegründer von „Velvet Underground“ – gehört nach wie vor zu den großen Unbekannten der Rockmusik, obwohl sein Einfluss zumindest in der Alternativ-Rock-Szene gar nicht hoch genug veranschlagt werden kann.

Bei „Velvet Underground“ stand meistens Lou Reed als Leadsänger und Verfasser vieler der typischen provokanten Velvet-Songs über Sadomasochismus, Transvestitismus und Drogensucht im Vordergrund. John Cales Einfluss zeigte sich eher im experimentellen Underground-Sound der Band und insbesondere auf den beiden LPs Velvet Underground and Nico und White Light/White Heat.

Die Streitereien zwischen den beiden „Super-Egos“ waren legendär, und als Lou Reed einen eingängigeren, kommerzielleren Sound für „Velvet Underground“ wollte, verließ John Cale 1968 die Band und begann eine bis heute andauernde Solo-Karriere.

Obwohl John Cale gemeinhin als „Rockmusiker“ eingeordnet wird, ist er eigentlich eher ein Grenzgänger zwischen den Genres. Als Protagonist der so genannten „Minimal Music“ entwarf er anfangs auf seinen Platten lange, zeitlupenhaft sich aufbauende Collagen, von denen sich später z.B. Brian Eno, Robert Fripp oder David Byrne inspirieren ließen.

Auf der LP Paris 1919 von 1973 dagegen bot John Cale anspruchsvollste Orchestermusik, laut „Musikexpress“ und „Rolling Stone“ dennoch ein Klassiker der Rockmusik. Ende der 1970er Jahre präsentierte sich John Cale wiederum als wüster Hardrocker mit brachial-kantigen Songs und martialischen Auftritten, dessen Sounds direkt in den Punk hinüberleiten, wie man z.B. auf der 1977er Kompilation Guts gut hören kann.

Und zwischen diesen so unterschiedlichen Polen ging es immer weiter. Neben seinen eigenen Werken produzierte und/oder betreute John Cale u.a. Platten von Nico, den Stooges, Nick Drake, Patti Smith, Element Of Crime oder den Happy Mondays.

Das Online-Magazin „Regioactive“ veröffentlichte eine begeisterte Rezension zu Cale’s Mainzer Konzert am 27. Juli 2011 und lieferte dabei eine plausible Erklärung für seine andauernde Präsenz gleich mit:

„Das struppig weiße Haar und seine funkelnden Augen verraten es: John Cale hat sich seine Radikalität bis ins Alter von fast 70 Jahren bewahrt. Wie viele Ikonen der 1960er erweist er sich als Persönlichkeit, die es durch seine pure künstlerische Vision schafft, sich im kurzlebigen Musikgeschäft zu behaupten. So auch bei seinem gestrigen Auftritt in Mainz: Unterstützt von seiner Band, lediglich bestehend aus Schlagzeuger Jerome Michael und Gitarrist Dustin Boyer, überwältigte er das Publikum im gut gefüllten Frankfurter Hof mit einem harten und direkten Rocksound. Aggressiv, laut, manchmal sogar schneidend, erklangen Schlagzeug und Gitarre aus den Boxen, aber dennoch blieb der Sound stets kontrolliert und verrät dadurch nicht wilden Wahn, sondern entschlossene Kompromisslosigkeit.“

Wir waren nicht da, aber Youtube macht vieles möglich: wir hören und sehen John Cale mit dem Song „The Ballad Of Cable Hogue“ live am 27. Juli 2011 im Frankfurter Hof in Mainz …

… und auf dem Donaufestival Krems am 29. April 2011 mit „Hush“ und „Outta The Bag“ (John Cale im Schottenrock) …

Wilfried

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